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FORUM 1–2022

Jugendliche Mediennutzung Ergebnisse der JIM­-Studie 2021

Hediye Kheredmand , Thomas Rathgeb , Sabine Feierabend , Stephan Glöckler , Informationen zu den Autorinnen/Autoren
Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs) erhebt seit 1998 unabhängige Basisdaten zum Medienumgang von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Die JIM­-Studie befragt jährlich 1.200 12­ bis 19­Jährige, um Entwicklungen und Trends kontinuierlich abzubilden und zu dokumentieren. Im Sommer 2021 fand die repräsentative Erhebung im so­genannten Mixed Mode (70 % telefonische Interviews und 30 % per Online­Fragebogen) statt.

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Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs) erhebt seit 1998 unabhängige Basisdaten zum Medienumgang von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Die JIM­-Studie befragt jährlich 1.200 12­ bis 19­Jährige, um Entwicklungen und Trends kontinuierlich abzubilden und zu dokumentieren. Im Sommer 2021 fand die repräsentative Erhebung im so­genannten Mixed Mode (70 % telefonische Interviews und 30 % per Online­Fragebogen) statt.

Medienausstattung und Mediennutzung

Das Medienrepertoire in Haushalten, in denen Jugendliche aufwachsen, ist breit gefächert. In nahezu allen Familien sind Smartphones und Computer/Laptops vorhanden. 91 Prozent besitzen Fernsehgeräte, 69 Prozent einen Smart-TV. Vier von fünf Familien haben ein Radio oder eine Spielkonsole, drei Viertel der Haushalte besitzen ein Tablet. Wearables wie beispielsweise Smartwatches finden sich in 44 Prozent der Haushalte, Smartspeaker (35 %) oder E-Book-Reader (34 %) sind ebenfalls in dieser Größenordnung vorhanden. Streaming-Dienste stehen einer breiten Masse zur Verfügung, wobei Videostreaming-Dienste (83 %) vor den Musikstreaming-Diensten liegen (72 %). Auch Jugendliche selbst besitzen eine Vielzahl an Geräten: 94 Prozent haben ein eigenes Smartphone, drei Viertel einen eigenen Laptop/ PC und 59 Prozent eine eigene Spielkonsole. Die Hälfte besitzt einen eigenen Fernseher und jede/-r Dritte ein eigenes Smart-TV. 43 Prozent geben an, ein eigenes Tablet zu haben, 35 Prozent ein eigenes Radio. 25 Prozent der Jugendlichen besitzt Wearables wie Smartwatches, 17 Prozent Smartspeaker wie Alexa und 14 Prozent E-Book-Reader. Das Internet ist fester Bestandteil im Alltag von Jugendlichen. 88 Prozent sind täglich im Netz unterwegs. Dabei nutzen die 12- bis 19-Jährigen nach eigener Einschätzung an einem durchschnittlichen Wochentag 241 Minuten das Internet. Damit ist nach dem sehr starken Anstieg der Internetnutzungszeit um 53 Minuten im Jahr 2020 wieder ein Rückgang um 17 Minuten zu beobachten. Dennoch liegt dieser Wert weiterhin deutlich über dem Niveau der Zeit vor der Corona-Pandemie.

 Social Media

Soziale Netzwerke und Messenger sind für viele Jugendliche ein fester Begleiter im Alltag. Sie werden sowohl zur Unterhaltung als auch für die Kommunikation mit anderen genutzt. WhatsApp bleibt für Jugendliche, wie in den Jahren zuvor, die am häufigsten genutzte App. 92 Prozent nutzen WhatsApp mindestens mehrmals in der Woche, 85 Prozent sogar täglich. Dabei haben 84 Prozent der Schülerinnen und Schüler eine Gruppe mit der Schulklasse. Auf dem zweiten Platz liegt Instagram mit 58 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr stellt dies einen deutlichen Rückgang um 14 Prozentpunkte (Pp) dar.  Am stärksten bei der Altersgruppe der 12- bis 13-Jährigen (–28 Pp). TikTok (46 %) erzielt erneut starken Zuwachs und schiebt sich auf Platz drei. Snapchat liegt mit 42 Prozent regelmäßiger Nutzerinnen und Nutzer auf dem vierten Platz. Eine Art Renaissance gibt es bei Facebook: Nach vielen Jahren sinkender Nutzungszahlen ist 2021 erstmals ein Anstieg zum Vorjahr zu verzeichnen: Haben 2020 noch 17 Prozent der Jugendlichen angegeben, Facebook regelmäßig zu nutzen, sind es 2021 26 Prozent. Bildet man ein Ranking mit den Top 5 der wichtigsten Apps, liegt WhatsApp in allen Altersgruppen auf dem ersten Platz. Die Bedeutung von YouTube und TikTok nimmt im Altersverlauf ab, während Instagram bedeutsamer wird.Fast drei Viertel der Jugendlichen nennen das Smartphone als oftmals ungewollten Zeitfresser. Die Hälfte genießt es, Zeit ohne Handy und Internet zu verbringen (53 %). 44 Prozent bestätigen, bei ausgeschaltetem Handy Angst zu haben, etwas zu verpassen. Genauso hoch ist aber auch der Anteil derer, die angeben, von den vielen Nachrichten auf dem Handy genervt zu sein. Knapp ein Drittel der Jugendlichen schaltet dann auch regelmäßig bewusst das Handy aus, um Zeit für sich zu haben, gut jede/r Fünfte fühlt sich oft von den vielen Möglichkeiten von Social Media überfordert (22 %). Aufgrund der Corona-Pandemie sind persönliche Treffen mit Freunden nicht immer möglich gewesen und mussten in den digitalen Raum verlagert werden. Vor diesem Hintergrund stimmt es nachdenklich, wenn 29 Prozent der 12- bis 19-Jährigen angeben, dass es für sie keinen Unterschied macht, mit Freunden digital oder persönlich zu kommunizieren.

TV, YouTube, Netflix & Co.

Die Bewegtbildnutzung bleibt vielfältig und erfolgt auf unterschiedlichen Endgeräten und über verschiedene Wege. Die durchschnittliche Nutzungsdauer des Fernsehens liegt werktags bei 132 Minuten (2020: 137 Min.). Hier steht weiterhin mit großem Abstand das stationäre Fernsehgerät im Vordergrund. Mobile Nutzungswege hatten 2020 einen großen Zuwachs, der sich nun aber wieder auf dem Niveau von 2019 eingependelt hat. Bei der Nutzung gemeinsam mit der Familie steht das laufende Fernsehprogramm an erster Stelle, beim Zusammensein mit Freundinnen und Freunden sind es die Streaming-Dienste. Bei der rein internetbasierten Nutzung von (längeren) Serien, Sendungen und Filmen sind insbesondere Netflix und YouTube für Jugendliche relevant. Insgesamt erreichen die Videostreaming-Dienste gut acht von zehn Jugendlichen regelmäßig. Subsumiert man unter YouTube auch die Nutzung kürzerer Videos jenseits von Sendungen, Serien und Filmen, so weisen 87 Prozent der Jugendlichen eine regelmäßige YouTube-Nutzung auf. Bei einem genaueren Blick auf die Nutzung von Online-Videos zeigt sich die Vielschichtigkeit der Inhalte, von professionellen, journalistischen Angeboten über Anleitungen, Reportagen, Musik, Bildungsangeboten bis hin zu Spaßvideos. Insgesamt stehen bei den 12- bis 19-Jährigen inhaltlich weiterhin Musikvideos im Vordergrund. Die Hälfte der Jugendlichen nutzt diese regelmäßig, also mindestens mehrmals in der Woche. An zweiter Stelle stehen Videos von Influencerinnen und Influencern, die von 44 Prozent regelmäßig angeschaut werden. Mit deutlichem Abstand finden sich Pranks (27 %), Wissensformate (25 %), Let’s-play- Videos (25 %), Comedy (22 %), Sport (20 %) und Tutorials für Schule und Ausbildung (19 %). 15 Prozent bilden sich anhand von YouTube-Videos regelmäßig in anderen Themenbereichen fort bzw. lassen sich Dinge erklären. Die Inhalte, die sich Jugendliche auf YouTube ansehen, unterscheiden sich bei Mädchen und Jungen teilweise recht deutlich. Insbesondere Let’s-play-Videos, aber auch Sport, Pranks, Comedy und Wissensformate werden größtenteils von Jungen regelmäßig geschaut

Information und Nachrichten

Die Kompetenz, Informationen einzuordnen und zu bewerten, ist nicht erst seit der Corona-Pandemie von zentraler Bedeutung und eine wichtige Voraussetzung für die eigene Meinungsbildung und letztlich eine funktionierende Demokratie. Bei der Frage nach ihren drei wichtigsten Nachrichtenquellen (ohne Antwortvorgaben) nennen knapp ein Drittel der Jugendlichen das Fernsehen. Für jede/n fünften Jugendlichen nimmt das Radio (22 %) oder das Internet (21 %) diese Stellung ein. 16 Prozent nennen explizit die Tagesschau/Tagesthemen als wichtigste Nachrichtenquelle, gefolgt von Google News (14 %), Instagram (12 %) und YouTube (11 %). Jeweils 7 Prozent zählen Zeitungen und Nachrichten-Widgets auf ihrem Smartphone zu ihren wichtigsten Nachrichtenquellen. 6 Prozent geben Gespräche mit Familie/Verwandten als wichtigste Nachrichtenquelle an, 5 Prozent Facebook. Mit steigendem Alter der Jugendlichen dienen die Tagesschau/Tagesthemen den Jugendlichen vermehrt als eine der drei wichtigsten Möglichkeiten, sich über aktuelle Nachrichten zu informieren. Familie/Verwandte verlieren hier hingegen an Bedeutung. Bei der Frage nach der regelmäßigen Nutzung verschiedener Quellen liegen Suchmaschinen auf dem ersten Platz. 41 Prozent der Jugendlichen nutzen diese mindestens mehrmals in der Woche, um sich zu informieren. Es folgen Instagram (30 %), YouTube (26 %) und Google News (24 %). 22 Prozent der 12- bis 19-Jährigen nennen hier TikTok. Jeder Fünfte verwendet Nachrichten-Widgets auf dem Smartphone oder Online-Angebote von Fernseh- oder Radiosendern. Online-Angebote von Zeitungen und Zeitschriften liegen bei 17 Prozent, gefolgt von speziellen Nachrichten-Apps (16 %). Snapchat wird von 13 Prozent der Jugendlichen regelmäßig zur Information zum aktuellen Tagesgeschehen verwendet, E-Mail-Provider von 12 Prozent.

Problematische Inhalte

Neben vielen Chancen, die digitale Medien bieten, können Jugendliche auch mit problematischen Inhalten im Netz konfrontiert werden. 58 Prozent der 12- bis 19-Jährigen sind innerhalb der letzten vier Wochen Hassbotschaften begegnet. 56 Prozent hatten Kontakt mit extremen politischen Ansichten. Etwa die Hälfte der 12- bis 19-Jährigen wurde im Netz mit Verschwörungstheorien konfrontiert, 47 Prozent mit beleidigenden Kommentaren. Fake News liegen bei 42 Prozent. Lediglich 23 Prozent der Jugendlichen konnten von sich sagen, im letzten Monat mit keinem dieser Phänomene konfrontiert worden zu sein. Insgesamt ist in allen Bereichen ein Anstieg im Vergleich zum Jahr 2020 zu beobachten. Am stärksten fällt dieser Anstieg im Bereich der extremen politischen Ansichten aus (+11 Pp), gefolgt von beleidigenden Kommentaren (+10 Pp). Verschwörungstheorien und Fake News sind jeweils um 8 Prozentpunkte angestiegen, Hassbotschaften um 5 Prozentpunkte. Der Anteil an 12- bis 19-Jährigen, die im letzten Monat mit keinem dieser Dinge im Netz konfrontiert wurden, ist dementsprechend etwas gesunken (–3 Pp).

Fazit

Die von Jugendlichen vorrangig genutzten Plattformen treten mit den unterschiedlichsten Inhalten und Absendern an sie heran. So erhalten Jugendliche über die gleichen Plattformen Inhalte von Freunden und der Familie, Fremden, von Firmen, Influencerinnen und Influencern, Stars und Werbebotschaften. Ob die jeweiligen Inhalte von einer vertrauenswürdigen Quelle kommen, ist oft schwer auszumachen. Fake News unterscheiden sich in der Aufmachung oft kaum von seriösen Angeboten und auch Werbung ist nicht immer als solche zu erkennen. Eine deutliche und transparente Kennzeichnung von Inhalten kann Jugendlichen bei einer reflektierten und selbstbestimmten Mediennutzung unterstützen. Die intensive Nutzung von Medien zeigt, wie wichtig die Vermittlung eines bewussten Umgangs mit den Chancen ist, die sie bieten, wie beispielsweise dem Lernen, Kommunizieren und Kreativwerden, aber auch mit den Risiken, die verschiedene Medien bergen. Der Anstieg von Desinformation und Beleidigungen, mit welchen Jugendliche im Netz konfrontiert werden, macht erneut die Bedeutung von Medienkompetenz deutlich, um Jugendlichen das richtige Handwerkszeug zum sicheren und produktiven Umgang mit Medien an die Hand zu geben.

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Veröffentlichungsdatum

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Hediye Kheredmand ist Referentin an der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK).

Kontakt:

h.kheredmand(at)lfk.de

 

Thomas Rathgeb ist Leiter der Abteilung »Medienkompetenz, Jugendschutz und Forschung« an der Landesanstalt für Kommu- nikation Baden-Württemberg (LFK).

Kontakt:

t.rathgeb(at)lfk.de

 

Sabine Feierabend ist Referentin beim SWR, Abteilung Medienforschung & Analytics.

Kontakt:

sabine.feierabend(at)swr.de

 

Stephan Glöckler ist Referent bei der Medienanstalt Rheinland-Pfalz.

Kontakt:

gloeckler(at)medienanstalt-rlp.de

 

Alle Angaben zu Links und Autorinnen/Autoren beziehen sich auf das Erscheinungsdatum der jeweiligen Druckausgabe und werden nicht aktualisiert.

Herausgebende Institution

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Bereits vor der Pandemie sind zwei FORUM-Ausgaben zum Themenkomplex Digitalisierung erschienen: 1­-2019 Social Media und 2-­2020 Digitale Beratung. Mit Ausbreitung von Corona ist die digitale Entwicklung schnell vorangeschritten. Aus diesem Grund greift diese FORUM-Ausgabe das Thema erneut auf und stellt Projekte vor, in denen neue Formate digitaler bzw. hybrider Kommunikation in Beratung und Prävention erprobt und bewertet werden.
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