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FORUM 2–2025

Die Arbeit der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin

Der Beitrag fasst den Kurzbericht der Kommission zur Reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin zusammen. Diese wurde 2023 von der sogenannten Ampelkoalition als interdisziplinäres Gremium für Vorschläge zu einer Neuregelung des § 218 StGB einberufen.

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Die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin wurde in der 20. Wahlperiode von der sogenannten Ampelkoalition als interdisziplinäres Gremium berufen und konstituierte sich im März 2023. Sie setzte sich aus 18 Expertinnen und Experten unter anderem aus den Fachbereichen Medizin, Psychologie, Soziologie, Gesundheitswissenschaften, Ethik und Recht zusammen. In zwei Arbeitsgruppen sollten die Möglichkeiten einer Regulierung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuchs (Arbeitsgruppe 1) sowie die Möglichkeiten einer Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft (Arbeitsgruppe 2) geprüft werden. Der folgende Beitrag ist eine Zusammenfassung1 des Kurzberichts der Kommission zu den Ergebnissen der Arbeitsgruppe 1.

1. Einführung

Kann der Schwangerschaftsabbruch künftig auch außerhalb des Strafgesetzbuchs (§ 218 StGB) geregelt werden und wie könnte eine solche Regelung aussehen? Dieser Frage hatte sich die Arbeitsgruppe 1 gewidmet, »ausgehend von den beiden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Schwangerschaftsabbruch (BVerfGE 39, 1 und BVerfGE 88, 203) und unter Berücksichtigung gewandelter rechtlicher und tatsächlicher Verhältnisse sowie gesellschaftlicher Diskurse«. Dabei flossen medizinische, rechtliche, verfassungsrechtliche sowie gesellschaftlich-psychosoziale Aspekte in die Bewertung ein. »Ethische Aspekte (…) fanden als Querschnittsperspektive bei den jeweils relevanten Analysen und Diskussionen in den einzelnen Kapiteln Berücksichtigung. Auf dieser interdisziplinär erarbeiteten Basis fußen die Empfehlungen der Arbeitsgruppe 1 für den Gesetzgeber« (Kapitel 1, S. 6).

Die Debatten um den Schwangerschaftsabbruch sind von divergierenden weltanschaulichen, religiösen und ethischen Positionen geprägt. Gleichzeitig muss der Gesetzgeber im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben (einschließlich EU- und völkerrechtlicher Einflüsse) einen Ausgleich zwischen dem Schutz des ungeborenen Lebens und den Rechten der Schwangeren finden.

2. Aktuelle Rechtslage

Nach aktueller Rechtslage (§§ 218a ff. StGB) gilt der Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich als Straftat, wobei es eine Reihe von Ausnahmeregelungen gibt. Ein Schwangerschaftsabbruch ist für alle Beteiligten straffrei, wenn er nach der Beratungsregelung erfolgt (§ 218a Absatz 1 StGB) oder wenn es einen medizinischen oder kriminologischen Grund für den Abbruch gibt (§ 218 Absatz 2 und 3 StGB).

Innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen p.c.2 ist ein Schwangerschaftsabbruch straflos möglich, wenn der Abbruch auf Verlangen der Schwangeren durch einen Arzt oder eine Ärztin gem. § 218a Absatz 1 Satz 1 StGB nach Vorlage einer Bescheinigung über eine Pflichtberatung nach § 219 StGB und Ablauf einer dreitägigen Wartefrist vorgenommen wird. »Es bleibt der einzige Ausnahmefall, in dem der Gesetzgeber eine Straflosigkeit bei Rechtswidrigkeit der Handlung ausdrücklich im Strafgesetzbuch regelt« (Kapitel 3.1, S. 8).

Die bestehende Konstruktion der gesetzlichen Ausnahmen erscheint der Kommission als zu komplex und teils widersprüchlich. Eine klare und konsistente rechtliche Regelung wird als notwendig erachtet. Die Überlegung, den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuchs zu regeln, basiert auf dem Anliegen, den gesetzlichen Handlungsspielraum zu erweitern und die bestehenden Unsicherheiten in der Anwendung zu minimieren.

3. Medizinische Aspekte des Schwangerschaftsabbruchs

Der Kommissionsbericht bestätigt, dass Schwangerschaftsabbrüche im ersten Trimenon (Schwangerschaftsdrittel) – sowohl medikamentös als auch chirurgisch – zu den risikoarmen, standardisierten Eingriffen gehören. Vor jedem Abbruch ist jedoch eine ausführliche ärztliche Untersuchung mit Feststellung der Schwangerschaft nötig. Zu den Risiken in späteren Phasen der Schwangerschaft heißt es im Bericht (Kapitel 2.2; 2.3), dass Abbrüche im zweiten und dritten Trimenon mit erhöhten Komplikationsrisiken verbunden seien. Diese Eingriffe sollten nur bei klar festgelegten medizinischen oder psychosozialen Indikationen vorgenommen werden. Die Entwicklung einer medizinischen Leitlinie für späte Abbrüche, analog zur medizinischen Leitlinie »Schwangerschaftsabbruch im ersten Trimenon«, wird als sinnvoll erachtet.

Der Kommissionsbericht geht auch auf die ärztliche Weiterbildung auf dem Gebiet der Frauenheilkunde und Geburtshilfe ein, die in der Muster-Weiterbildungsordnung (MWBO) geregelt ist. Die Thematik des Schwangerschaftsabbruchs ist in der MWBO ausdrücklich als Inhalt der Weiterbildung benannt. Es werden Handlungskompetenzen zur Beratung bei Schwangerschaftskonflikten sowie zur Indikationsstellung zum Schwangerschaftsabbruch vermittelt.

Im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung auf dem Gebiet der Frauenheilkunde und Geburtshilfe soll jedoch weiterhin das sogenannte »Weigerungsrecht« gemäß § 12 Absatz 1 SchKG gelten: Demnach können Ärztinnen und Ärzte nicht gezwungen werden, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen.

4. Gesellschaftliche und psychosoziale Aspekte beim Schwangerschaftsabbruch

Viele ungewollte Schwangerschaften entstehen in belastenden Lebenssituationen: »In Deutschland zeigen Studien, dass ungewollte Schwangerschaften häufiger bei belastenden Lebensumständen wie finanziellen Problemen, fehlender oder abgebrochener Ausbildung, problematischen oder fehlenden Partnerschaften sowie gesundheitlichen Problemen auftreten. Besonders vulnerable Gruppen wie Frauen mit Gewalterfahrung, psychischer Erkrankung oder Traumata erleben häufig ungewollte Schwangerschaften. Die Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch sind international ähnlich (…)« (Kapitel 4.1, S. 10).

Beim Thema Familienplanung und Verhütung betonen die Autorinnen und Autoren, dass soziale Normen und gesellschaftliche Bedingungen eine wichtige Rolle für die Familiengründung spielen. »Die Bedingungen für Familienaufbau und -leben sind zunehmend schwieriger geworden. Um die Entscheidung für Kinder positiv zu beeinflussen und Entlastung in schwierigen Lebensphasen zu bieten, sollte insbesondere die soziale und finanzielle Unterstützung von Alleinerziehenden und Personen in vulnerablen Lebenslagen gestärkt werden« (Kapitel 4.2, S. 10).

Der Zugang zu Verhütungsmitteln, aber auch die jeweilige Kostendeckung müssen nach Ansicht der Kommissionsmitglieder als sehr relevant erachtet werden: »Der breite Zugang und die Nutzung von Verhütungsmitteln, gekoppelt mit einem hohen Niveau sexueller Bildung, sind entscheidend, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern« (Kapitel 4.2, S. 10). 

Regionale und internationale Vergleiche zeigen, dass Deutschland relativ niedrige Abbruchzahlen aufweist. Zu beobachten ist auch ein Rückgang der Abbruchzahlen bei Minderjährigen. Es besteht aber weiterhin der Bedarf an verbesserter Prävention, Informationen und Zugang zu Verhütungsmitteln, insbesondere für vulnerable Gruppen, um die Zahl der ungewollten Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche weiter zu reduzieren (Kapitel 4.3).

Versorgungshürden und Informationslücken 

»Hindernisse für Frauen auf dem Weg zu einem Schwangerschaftsabbruch können mangelnde flächendeckende Versorgungsangebote sein. Besonders betroffen sind dabei Minderjährige, junge Frauen, Migrant_innen, sowie Frauen mit Gewalterfahrung. Diese Gruppen haben signifikante Schwierigkeiten beim Zugang zur notwendigen medizinischen Versorgung.« (Kapitel 4.4, S. 11)

Die »ELSA«-Studie3 findet im Kommissionsbericht besondere Erwähnung. Sie weist auf Schwierigkeiten im Zugang zu sachlichen und verständlichen Informationen für unterschiedliche Zielgruppen und eine bessere Verfügbarkeit von medizinischen Versorgungsangeboten in den nördlichen und östlichen Bundesländern hin. »Die Studie zeigt auch, dass die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch für einige Frauen eine erhebliche Hürde darstellen. Um vorhandene Hindernisse und Zugangsbarrieren zu Schwangerschaftsabbrüchen abzubauen, sollten bundesweit und regional Maßnahmen ergriffen werden, um eine niedrigschwellig zugängliche und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung für alle Frauen sicherzustellen« (Kapitel 4.4, S. 11).

Die Verfügbarkeit von flächendeckender medizinischer Versorgung und verlässlichen, barrierearmen Informationsangeboten wird als essenziell betrachtet, um ungewollte Schwangerschaften und daraus resultierende Abbrüche weiter zu reduzieren.

5. Verfassungsrechtlicher Rahmen für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs

Frühere Urteile des Bundesverfassungsgerichts prägen den verfassungsrechtlichen Rahmen, innerhalb dessen der Gesetzgeber agieren kann. »Ob und inwieweit der Gesetzgeber den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuchs regeln darf, bemisst sich nach dem durch die Verfassung eröffneten Gestaltungsspielraum« (Kapitel 5.2, S. 13).

Ein zentraler Punkt ist die Balance zwischen dem Schutz des ungeborenen Lebens und den reproduktiven Rechten der Frau. Dabei wird im Kommissionsbericht diskutiert, inwieweit das Lebensrecht nach der Nidation (Einnistung am fünften oder sechsten Tag nach der Befruchtung der Eizelle) im Frühstadium stufenweise geschützt wird: »Bei einer Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs hat der Gesetzgeber Schutzpflichten für das Grundrecht auf Leben (Art. 2 Absatz 2, Satz 1 GG) des Embryos/Fetus jedenfalls) ab Nidation. Wegen der existenziellen Abhängigkeit des Ungeborenen vom Körper der Schwangeren spricht viel dafür, dass das Lebensrecht pränatal mit geringerem Schutz zum Tragen kommt als für den geborenen Menschen (Kapitel 5.2.1, S. 13).

Weiterhin werden die »Menschenwürdegarantie« des Embryos/Fetus, die »Grundrechte der Schwangeren und von Dritten« und die »Auflösung des Güterkonflikts« debattiert. Damit ist der Konflikt zwischen dem Lebensrecht des Ungeborenen und den Grundrechten der Schwangeren gemeint. 

»Bei einem Konzept des pränatal gestuften oder kontinuierlich anwachsenden Lebensschutzes nimmt die Schutzintensität des Lebensrechts mit fortschreitender embryonaler/fetaler Entwicklung zwischen Nidation und Geburt zu. In beiden Fällen gilt das Lebensrecht des Fetus ab extrauteriner Lebensfähigkeit mit starkem Schutz und ab Geburt mit vollem Schutz« (Kapitel 5.2.4., S. 14).

Infolge dieser Gesichtspunkte ist nach Ansicht der Kommission vor allem zwischen der Frühphase und der Spätphase der Schwangerschaft zu differenzieren:

  • Frühphase der Schwangerschaft: In den ersten Schwangerschaftswochen nach der Nidation treten die Belange des Embryos/Fetus hinter den Grundrechten der Schwangeren zurück. In der Frühphase der Schwangerschaft hat das Lebensrecht des Ungeborenen eher geringeres Gewicht; gleichzeitig genießt das Verlangen der Frau nach einer Beendigung der Schwangerschaft starken grundrechtlichen Schutz. Der Frau steht in dieser Schwangerschaftsphase ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch zu. Der Schwangerschaftsabbruch ist daher in der Frühphase der Schwangerschaft – anders als bislang – entsprechend der Ergebnisse der Kommission rechtmäßig zu stellen.
     
  • Spätphase der Schwangerschaft: Ab extrauteriner Lebensfähigkeit des Fetus ist es umgekehrt, dann kommt dem Lebensrecht des Fetus grundsätzlich Vorrang vor den Grundrechten der Schwangeren zu. Denn in dieser Spätphase der Schwangerschaft gilt Art. 2 Absatz 2 Satz 1 GG mit starkem Schutz, während die grundrechtlichen Belange der Schwangeren wegen der kürzer verbleibenden Dauer der Schwangerschaft vergleichsweise geringes Gewicht haben. Der Fetus ist in dieser späten Schwangerschaftsphase grundsätzlich weiter bis zur Geburt auszutragen. Der Gesetzgeber muss den Schwangerschaftsabbruch in dieser Spätphase daher grundsätzlich als rechtswidrig erachten.
     
  • Ausnahmen gelten bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Schwangerschaft für die Frau. Dann kehrt sich das Ergebnis der grundrechtlichen Güterabwägung um und der Schwangerschaftsabbruch ist rechtmäßig. 

Eine solche Unzumutbarkeit ist insbesondere in Fällen der medizinischen Indikation gegeben, wenn die Schwangerschaft eine Lebensgefahr oder schwerwiegende Gesundheitsgefahr für die Schwangere begründet, die sich nicht auf andere zumutbare Weise abwenden lässt (Kapitel 5.3, S. 15).

Die Kommission weist auf den Bedarf einer Neuregelung dieser medizinischen Indikation hin. »Sie erscheint problematisch in Konstellationen, in denen die Gefahr für die Frau nicht in einem akuten lebens- oder gesundheitsbedrohenden Befund besteht, der durch die Schwangerschaft selbst bewirkt wird, sondern aus den Belastungen durch die Verantwortung für das Kind nach der Geburt resultiert. Solche Belastungen können insbesondere bei einem pränataldiagnostisch auffälligen embryo- bzw. fetopathischen Befund entstehen, der gegenwärtig einen »Unterfall« der medizinischen Indikation darstellt (§ 218a Absatz 2 StGB). 

Es fehlen gesetzliche Kriterien zur Beurteilung der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei einem pränataldiagnostisch auffälligen Befund ein Schwangerschaftsabbruch durch Fetozid bei extrauteriner Lebensfähigkeit des Fetus zulässig ist oder sich Belastungen durch die Verantwortung für das Kind nach der Geburt zumutbar dadurch abwenden lassen, dass die Frau das Kind zur Welt bringt und ggf. zur Adoption freigibt« (ebd.). 

Abschließend wird die Frage aufgeworfen, wie sich ein Schwangerschaftsabbruch bei schwerwiegenden Schädigungen des Fetus mit dem Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung gesetzlich regeln lässt.

6. Völker- und europarechtlicher Rahmen und seine verfassungsrechtlichen Implikationen

Neben nationalem Verfassungsrecht finden auch EU- sowie völkerrechtliche Regelungen Beachtung, die im Rahmen einer zukünftigen Reform zu berücksichtigen sind. Weder das Völkerrecht noch das Europarecht (z. B. Europäische Menschenrechtskonvention EU-Grundrechtecharta) enthalten eine verbindliche Pflicht zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs.

Es gibt keine menschenrechtliche Verpflichtung, Abbrüche vollständig zu legalisieren. Dennoch ergibt sich aus internationalen Menschenrechtsverträgen ein menschenrechtlicher Rahmen, der nationale Regelungen beeinflusst.

Dazu gehören der Schutz der körperlichen und psychischen Gesundheit der Schwangeren, der Zugang zu nichtdiskriminierender medizinischer Versorgung, die Achtung der Privatsphäre und Autonomie.

Vertragsausschüsse der UN (z. B. Menschenrechtsausschuss, Frauenrechtskonvention) und der Europarat fordern zunehmend eine vollständige Entkriminalisierung. Diese Empfehlungen sind nicht rechtlich bindend, erzeugen aber eine hohe Argumentations- und Rechtfertigungslast, wenn nationale Gesetzgeber davon abweichen.

Internationale menschenrechtliche Entwicklungen müssen in die verfassungsrechtliche Auslegung einbezogen werden. Das Bundesverfassungsgericht ist gehalten, völker- und europarechtliche Entwicklungen »schonend« in das deutsche Rechtssystem zu integrieren.

7. Rechtsvergleichende Impulse – Schwangerschaftsabbruch in anderen Ländern

Der Abschlussbericht analysiert im siebten Kapitel, wie andere Länder den Schwangerschaftsabbruch handhaben – von teilweiser bis zu vollständiger Entkriminalisierung – und leitet daraus Impulse für eine mögliche Neuregelung in Deutschland ab. 

Viele Länder haben den Schwangerschaftsabbruch entkriminalisiert oder aus dem Strafrecht herausgelöst. Ein zeitlich befristetes Alleinentscheidungsrecht der Frau, meist bis Ende des ersten Trimenons, gilt etwa in Belgien, Finnland, Italien und Norwegen. In Island, Kolumbien, Neuseeland, den Niederlanden, in einigen Staaten der USA und in Australien haben Schwangere das Alleinentscheidungsrecht über einen Abbruch bis zum Eintritt der extrauterinen Lebensfähigkeit des Embryos. Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass sich ein »deutlicher Trend zur Liberalisierung« des Rechts zum Schwangerschaftsabbruch (Kapitel 7.2), zur Entkriminalisierung und zur Stärkung reproduktiver Rechte zeige.

Als Begründungen für die (Teil-)Entkriminalisierung gelten der Schutz der körperlichen und psychischen Gesundheit der Schwangeren, die Anerkennung der reproduktiven Selbstbestimmung als Menschenrecht und die Vermeidung von Stigmatisierung und Kriminalisierung medizinischer Leistungen.

Die internationale Entwicklung zeigt, dass eine verfassungs- und menschenrechtskonforme Regelung auch außerhalb des Strafrechts möglich ist. Deutschland kann von diesen Modellen lernen, muss aber eigene verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen beachten, so die Schlussfolgerung in Kapitel 7.7.

8. Empfehlungen für die mögliche Neuregulierung des Schwangerschaftsabbruchs

Die Arbeitsgruppe 1 der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin hat einstimmig folgende Empfehlungen zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs beschlossen: 

Um Schwangerschaftsabbrüche zu vermeiden, sollten Maßnahmen zur Verhinderung ungewollter Schwangerschaften ergriffen werden. Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen sollen gestärkt werden. Dazu gehört u.a., den kostenfreien Zugang zu Verhütungsmitteln auch nach dem Ende des 22. Lebensjahres zu ermöglichen.

Für die rechtliche Regulierung des Schwangerschaftsabbruchs werden, ausgehend von verfassungs-, europa- und völkerrechtlichen Vorgaben, von ethischen Überlegungen und unter Berücksichtigung medizinischer und psychosozialer Aspekte sowie der Versorgungssituation für schwangere Frauen, Empfehlungen formuliert, die im Folgenden zusammengefasst werden.

In der Frühphase der Schwangerschaft (erste Wochen nach Nidation) sollte der Gesetzgeber den Schwangerschaftsabbruch mit Einwilligung der Frau erlauben (Rechtmäßigkeit und Straffreiheit).

Soweit der Gesetzgeber den Schwangerschaftsabbruch als rechtmäßig ansieht, ist sicherzustellen, dass Frauen den Abbruch zeitnah und barrierefrei in gut erreichbaren Einrichtungen mittels der von ihnen jeweils gewünschten und medizinisch empfohlenen Methode durchführen lassen können (S. 23–24).

Zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs in der mittleren Phase der Schwangerschaft führt die Kommission aus, dass der Gesetzgeber hier einen Gestaltungsspielraum hat. Insofern er Schwangerschaftsabbrüche in dieser Phase untersagt, sollten wie bisher Ausnahmeregelungen vorgesehen sein, zum Beispiel bei einer Gesundheitsgefahr der Schwangeren oder in Fällen kriminologischer Indikation. 

In der Spätphase ab extrauteriner Lebensfähigkeit des Fetus sollte der Gesetzgeber den Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich nicht erlauben. Unter welchen Umständen auch hier Ausnahmeregelungen vorgesehen werden sollten, wird in Kapitel 9.3.2 behandelt.

Die Kommission empfiehlt konsistente Folgeregelungen auf allen Rechtsgebieten (9.4). Soweit der Gesetzgeber das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch einräumt, darf er eine Beratungspflicht für die Frau (mit oder ohne eine Wartezeit) vorsehen, muss dies aber nicht (Gestaltungsspielraum).

»Die Beratung muss ergebnisoffen erfolgen und darf nicht dem Ziel dienen, die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu bewegen oder ihr bewusst zu machen, dass ein Schwangerschaftsabbruch nur in Ausnahmesituationen in Betracht kommt. Verzichtet der Gesetzgeber auf eine Beratungspflicht, sollte er ein flächendeckendes, niedrigschwelliges, barrierearmes und vielsprachiges Beratungsangebot vorhalten, das Frauen kostenfrei und im Wege eines Rechtsanspruchs zur Verfügung steht. Der Gesetzgeber sollte erwägen, bei einem freiwillig wahrzunehmenden Beratungsangebot eine Informationspflicht für Ärzt_innen gegenüber ihren Patientinnen über das bestehende Beratungsangebot vor jedem Schwangerschaftsabbruch festzulegen« (Kapitel 9.5, S. 25). 

Nicht selbstbestimmte und unsichere Abbrüche müssen unter Strafe gestellt werden (Kapitel 9.6).

9. Fazit und aktueller Stand

Seit Jahrzehnten wird in Deutschland die Beendigung unbeabsichtigter und ungewollter Schwangerschaften diskutiert. Eine repräsentative Bevölkerungsbefragung des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des BMBFSFJ im März und April 2024 in der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung (ab 18 Jahren; Stichprobe = 5.000) ergab, dass 80 Prozent der Befragten es falsch finden, dass ein Schwangerschaftsabbruch rechtlich als Straftat gilt. 75 Prozent sprachen sich dafür aus, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr im Strafgesetzbuch geregelt sein sollten.

Die Expertenkommission empfahl ausdrücklich die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und urteilte, dass die grundsätzliche Rechtswidrigkeit des Schwangerschaftsabbruchs »nicht haltbar« sei. Der Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche p. c. solle rechtmäßig sein, er solle aus dem Strafrecht herausgelöst und im Gesundheitsrecht geregelt werden. Die Beratung müsse freiwillig und ergebnisoffen sein. Der Fokus solle auf der Selbstbestimmung der Frau liegen. Schließlich sollten Schwangerschaftsabbrüche Regelleistung der Krankenkassen werden. Die Regelungen im Strafgesetzbuch hielten einer »verfassungsrechtlichen, völkerrechtlichen und europarechtlichen Prüfung« nicht stand.

Im Juni 2025 hat sich auch das höchste ärztliche Gremium, der Deutsche Ärztetag, für eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und für ein Fortbestehen der Beratungspflicht ausgesprochen.

Die Rechtslage in Deutschland ist einstweilen nach wie vor unverändert: Ein Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland für alle Beteiligten straffrei, wenn er nach der Beratungsregelung erfolgt (§ 218a Absatz 1 StGB) oder wenn es einen medizinischen oder kriminologischen Grund für den Abbruch gibt (§ 218a Absatz 2 und 3 StGB) .

Der Reformantrag einer fraktionsübergreifenden Gruppe von 240 Abgeordneten vom 14. November 2024 (https://server.bundestag.de/btd/20/137/2013775.pdf) ist gescheitert, da er nicht mehr vor der letzten Bundestagswahl verabschiedet werden konnte. Die Debatte um § 218 StGB ist mehr als eine juristische Frage – sie berührt Grundwerte wie Selbstbestimmung, Lebensschutz, Gleichberechtigung und gesellschaftliche Verantwortung. Sie dürfte auch weiterhin ein wichtiges Thema bleiben, wie unter anderem die Ergebnisse der repräsentativen Befragung erwarten lassen.

Fußnoten

Sämtliche Kommentare und Einschätzungen folgen dem Originaltext der Kurzfassung des Kommissionsberichts (https://www.bmbfsfj.bund.de/resource/blob/238404/ce8f961e7a8737fecf260993f92baf44/kurzbericht-kommission-zur-reproduktiven-selbstbestimmung-und-fortpflanzungsmedizin-data.pdf). Allein das letzte Kapitel »Fazit und aktueller Stand« wurde von der Autorin ergänzt.

Im Gesetz wird die Schwangerschaft nach dem Zeitpunkt der Empfängnis gerechnet (post conceptionem, p.c.). Deswegen wird dort die Frist als 12 Wochen p.c. angegeben.

https://elsa-studie.de

Veröffentlichungsdatum

Zusammenfassung und Fazit von Heike Lauer, freie Journalistin und Redakteurin des FORUMs Sexualaufklärung und Familienplanung.
Kontakt: heike-lauer(at)t-online.de 

 

Alle Links beziehen sich auf das Erscheinungsdatum der jeweiligen Druckausgabe und werden nicht aktualisiert.

Herausgebende Institution

Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG)

Forschungs- und Praxisprojekte zur Prävention von Schwangerschaftskonflikten sind Thema dieser Ausgabe. In den zehn Beiträgen werden unter anderem die Erfahrungen ungewollt Schwangerer in unterschiedlichen Lebenssituationen ausgewertet. Das Zusammenwirken von Aufklärung, verständlicher Informationen und nachhaltiger Gesundheitskommunikation wird deutlich.
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